#6 DAS NEUE MIETRECHT – WOHNUNGSMIETVERTRÄGE AB DEM 1. SEPTEMBER 2018
In dem heutigen Newsflash werden wir auf einige wichtige Punkte der neuen Gesetzgebung über Wohnungsmietverträge eingehen, die sich nun in dem neuen Dekret der Wallonischen Region vom 15. März 2018 über den Wohnungsmietvertrag befindet:
- der Kurzzeitmietvertrag, der nicht länger als drei Jahre dauert (II) und
- der klassische Mietvertrag, der für eine Dauer von 9 Jahren (oder länger) abgeschlossen wird (III),
- die Form der Kündigung (IV),
- die Wichtigkeit der Bestandsaufnahme (V),
- sowie der Tod des Mieters bzw. Vermieters (VI).
Diese neuen Regeln finden Anwendung auf alle Wohnungsmietverträge, die ab dem 1. September 2018 abgeschlossen werden, und enthalten grundlegende Änderungen.
Für alle Wohnungsmietverträge, die vor dem 1. September 2018 abgeschlossen wurden, bleibt weiterhin das Gesetz vom 20. Februar 1991 anwendbar (siehe Newsflash #2).
I. Allgemeines
Wie bereits unter der alten Gesetzgebung muss ein Mietvertrag bezüglich des Hauptwohnorts des Mieters (sog. Wohnungsmietvertrag) immer schriftlich vereinbart werden.
II. Der Kurzzeitmietvertrag (max. 3 Jahre)
Dieser kurze Mietvertrag darf schriftlich nur zweimal verlängert werden und die maximale Dauer darf die 3 Jahre nicht überschreiten.
Dieser Mietvertrag nimmt kein automatisches Ende: er muss mindestens 3 Monate vor Ablauf gekündigt werden. Ansonsten handelt es sich automatisch um einen 9-Jahresmietvertrag.
- Kündigung durch den Mieter
Hier handelt es sich um eine der großen Neuerungen: Wohnungsmietverträge kurzer Dauer, die nach dem 1. September 2018 abgeschlossen werden, können jederzeit durch den Mieter mittels einer 3-monatigen Kündigungsfrist gekündigt werden. Der Mieter zahlt dem Vermieter in diesem Fall eine zusätzliche einmonatige Kündigungsentschädigung.
- Kündigung durch den Vermieter
Der Vermieter kann den kurzen Mietvertrag nur wegen Eigennutzung kündigen und das auch nur nach Ablauf des ersten Jahres. Auch in diesem Fall muss der Vermieter eine 3-monatige Kündigungsfrist respektieren und auch er schuldet dem Mieter eine einmonatige Kündigungsentschädigung.
III. Der 9-Jahresmietvertrag (oder länger)
Dieser Mietvertrag kann entweder durch den Mieter (a) oder durch den Vermieter (b) vorzeitig beendet werden.
- Kündigung durch den Mieter
Der Mieter kann den Vertrag jederzeit mit 3-monatiger Kündigungsfrist beenden.
ACHTUNG: der Vermieter hat während den ersten 3 Jahren des Mietvertrags Anrecht auf eine Entschädigung in Höhe von 3, 2 oder 1 Monatsmiete(n) (je nachdem in welchem der drei ersten Jahre gekündigt wird).
AUSNAHME: bei einem nicht-registrierten Mietvertrag ist eine fristlose Kündigung ohne Entschädigung möglich aber NUR wenn der Vermieter vorher per Einschreiben (oder durch einen Gerichtsvollzieher oder aber per Hand mit Empfangsbestätigung an den Vermieter) in Verzug gesetzt wurde und diese Inverzugsetzung während 30 Tagen nicht befolgt wurde.
- Kündigung durch den Vermieter
Der Vermieter kann den 9-Jahresmietvertrag vorzeitig auf drei Arten kündigen: wegen Eigennutzung, wegen großen Bauarbeiten oder grundlos. Es ist immer eine Kündigungsfrist von 6 Monaten einzuhalten.
- Bei Eigennutzung muss das Kündigungsschreiben die Identität des neuen Mieters sowie das Verwandtschaftsverhältnis enthalten. Der neue Mieter muss innerhalb eines Jahres und für die Dauer von zwei Jahren einziehen.
Sollte die Wohnung nicht form- und fristgerecht bezogen worden sein (z.B. weil ein Fremder die Wohnung bezieht), kann der Mieter eine Entschädigung in Höhe von 18 Monatsmieten fordern.
- Bei großen Bauarbeiten kann die Kündigung nur zum Ende des ersten und zweiten Drittels der neunjährigen Mietdauer ausgesprochen werden.
Auf Antrag des Mieters muss der Vermieter entweder die Baugenehmigung, einen detaillierten Kostenvoranschlag oder eine Beschreibung der Arbeiten/Kosten zukommen lassen. Die Arbeiten müssen binnen sechs Monaten begonnen und binnen 24 Monaten nach Ablauf der Kündigung beendet sein.
Sollten die Arbeiten nicht wie vorgesehen und innerhalb dieser Fristen durchgeführt worden sein, kann der Mieter eine Entschädigung in Höhe von 18 Monatsmieten fordern.
- Schließlich kann der Vermieter das Mietverhältnis grundlos lediglich nur zum Ende des ersten und zweiten Drittels der neunjährigen Mietdauer kündigen und nur mittels einer Entschädigung in Höhe von 9 bzw. 6 Monatsmieten (je nachdem ob zum Ende des ersten oder des zweiten Drittels gekündigt wurde).
N.B. Sogar ein Vertrag auf Lebenszeit ist nunmehr möglich, der mit dem Tod des Mieters automatisch endet.
IV. Formen der Kündigung
Zu guter Letzt wird oft gefragt, wie gekündigt werden muss. Das Gesetz sah bisher hierfür keine spezifischen Formen vor (siehe Newsflash #2).
Nun sieht das Dekret drei mögliche Formen vor: per Einschreiben (am besten mit Rückschein), durch einen Gerichtsvollzieher oder per Hand mit Empfangsbestätigung an den Vermieter.
Sollten Probleme zwischen Vermieter und Mieter entstehen, ist das Friedensgericht des Ortes zuständig, wo die vermietete Immobilie steht. Sprich, wenn die Immobilie z.B. im Kanton St.Vith (Gebiet der Gemeinden St.Vith, Amel, Büllingen, Burg-Reuland und Bütgenbach) steht, ist das Friedensgericht St.Vith zuständig.
V. Bestandsaufnahme
Die Bestandsaufnahme, auch Eingangsortsbefund genannt, ist bei Antritt eines Wohnungsmietvertrags Pflicht.
Es ist für den Vermieter äußerst wichtig diese Bestandsaufnahme zusammen mit dem Mieter zu erstellen, denn nur so kann er im Falle von entstandenen Schäden einfach eine Entschädigung durch den Mieter erhalten. Beide Parteien müssen zwingend die Bestandsaufnahme mit dem Vermerk „Gelesen und genehmigt“ unterzeichnen.
Es ist nämlich tatsächlich so, dass wenn keine Bestandsaufnahme besteht, davon ausgegangen wird, dass der Mieter das Objekt in dem Zustand erhalten hat, wie er es verlässt. Eine eventuelle Entschädigung des Vermieters ist in diesem Fall kaum möglich.
Besteht allerdings eine Bestandsaufnahme, muss der Mieter das Objekt so verlassen, wie er es erhalten hat. Die Bestandsaufnahme dient hier als einfache und effektive Vergleichsmöglichkeit, da der Mieter die Bestandsaufnahme bei Antritt des Mietvertrags unterzeichnet hat. So ist eine Entschädigung des Vermieters im Falle von Schäden, die nicht der Überalterung oder höherer Gewalt geschuldet sind, ohne weiteres möglich.
VI. Tod des Mieters/Vermieters
Nach dem Tod des Mieters wird der Mietvertrag automatisch nach drei Monaten ohne Kündigung oder Entschädigung beendet.
Nach dem Tod des Vermieters wird der Mietvertrag nicht aufgelöst.
Quelle: Dekret der Wallonischen Region vom 15. März 2018 über den Wohnungsmietvertrag, Belgisches Staatsblatt vom 28. März 2018.
Stand: 5. September 2018