#13 – Erste juristische Hilfe für die Opfer des Hochwassers

Das Hochwasser hat am 14. und 15. Juli 2021 auch Ostbelgien schwer getroffen. Hiernach finden die Opfer dieser Katastrophe einen ersten juristischen Leitfaden:

 

1. Anträge auf Entschädigungen

An wen müssen Sie sich wenden, um Entschädigungen für den entstandenen Schaden zu beantragen?

  • wenn Sie versichert sind (z.B. als Eigentümer einer Immobilie oder als Mieter), greift im Falle dieser Naturkatastrophe Ihre Feuerversicherung. Kontaktieren Sie hierfür Ihren Versicherungsmakler;
  • wenn Sie nicht versichert sind und Sozialleistungen (Eingliederungseinkommen, usw.) beziehen, kontaktieren Sie das ÖSHZ, um einen Antrag beim Katastrophenfonds der Wallonischen Region (fonds des calamités) zu stellen.
  • Informationen bezüglich des Katastrophenfonds erhalten Sie ebenfalls hier. Das Antragsformular in deutscher Sprache können Sie hier downloaden.

 

2. Antrag auf materielle Hilfe

Wenn Sie aufgrund des Schadens materielle Hilfe benötigen, kontaktieren Sie bitte das zuständige ÖSHZ.

Für EUPEN, finden Sie die nötigen Informationen unter //www.oshz-eupen.be/ oder unter der Rufnummer 087/638 950.

Für die betroffene Ortschaft MEMBACH ist das ÖSHZ von Baelen zuständig: //www.baelen.be/commune/social/cpas/services-offerts.

Für die betroffene Ortschaft DOLHAIN ist das ÖSHZ von Limbourg zuständig: //www.ville-limbourg.be/page,CPAS-PCS-CPAS,73.html.

Für die betroffene Ortschaft SCHÖNBERG ist das ÖSHZ von St.Vith zuständig. Dieses ist hier oder unter der Rufnummer 080/282 030 zu erreichen.

Für andere betroffene Ortschaften ist das ÖSHZ der jeweiligen Gemeinde zuständig.

 

3. Schaden dokumentieren

Es ist in jedem Fall wichtig, den Schaden so gut wie möglich – anhand u.a. von Fotos – zu dokumentieren.

Beschreiben Sie bestmöglich den entstandenen Schaden, fügen Sie falls vorhanden Bilder von vor und nach dem Hochwasser sowie etwaige Ankaufsrechnungen und Belege bei und schätzen Sie den Wert des Objekts.

Beigefügte Excel-Tabelle können Sie als Hilfe nutzen: Schäden nach Hochwasser

 

4. Was tun, wenn der Experte nicht erscheint?

Wenn der Experte nicht erscheint, dürfen Sie dennoch Ihre Immobilie räumen, da der Schaden so gering wie möglich gehalten werden muss. Hier ist es jedoch ebenfalls wichtig, den Schaden bestmöglich zu dokumentieren (s. Punkt 3).

 

5. Mietrecht

Als Mieter sind Sie aufgrund der Tatsache, dass das Hochwasser als höhere Gewalt (force majeure) eingestuft werden kann, berechtigt, die Miete vorläufig einzustellen.

Sie müssen jedoch eine schriftliche Anfrage an Ihren Vermieter richten, bevor Sie die Miete kürzen.

Falls der Vermieter hiermit nicht einverstanden ist, müssen Sie sich an das Friedensgericht wenden, entweder durch einen Sühnetermin oder ein Gerichtsverfahren.

Um Konflikte zu vermeiden, raten wir Ihnen diesbezüglich, schnellstmöglich mit Ihrem Vermieter Kontakt aufzunehmen.

Gemäß Artikel 12 des Dekrets über den Wohnmietvertrag vom 15. März 2018 und Artikel 1722 Zivilgesetzbuch ist der Mietvertrag von Rechts wegen aufgelöst, wenn das Mietobjekt ganz zu Grunde geht. Wenn das Mietobjekt teilweise zu Grunde geht, kann der Mieter eine Reduzierung des Mietpreises oder selbst die Auflösung des Mietvertrags fordern. Dies geschieht über einen Antrag beim Friedensgericht.

Das Dekret über den Wohnmietvertrag können Sie unter folgendem Link abrufen.

 

6. Urlaub aus zwingenden Gründen – begründete Abwesenheit vom Arbeitsplatz

– Schwerwiegende Schäden an den Gütern eines Arbeitnehmers, insbesondere im Falle einer Überschwemmung, können als sogenannter zwingender Grund im Sinne des Artikels 30bis des Arbeitsvertragsgesetzes vom 3. Juli 1978 angeführt werden.

Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber hierüber so schnell als möglich zu benachrichtigen.

Hierbei gilt es zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer so viele Tage frei nehmen kann, wie notwendig sind, um mit den Folgen der außergewöhnlichen Umstände fertig zu werden.

Zu berücksichtigen ist jedoch die laut Artikel 4 des K.E. vom 11.10.1991 festgesetzte Maximaldauer von 10 Arbeitstagen pro Kalenderjahr.

Darüber hinaus kann der Arbeitgeber den entsprechenden Sonderurlaub verweigern oder großzügigerweise genehmigen.

Bezahlt werden die entsprechenden Tage nicht, es sei denn ein spezifisches Kollektivabkommen im beruflichen Sektor des Arbeitnehmers sieht dies vor oder aber ein innerbetriebliches Abkommen.

– Hat der Arbeitsplatz unter Wasser gestanden und ist geraume Zeit unbenutzbar, so verhält es sich ähnlich wie unter den Corona-Maßnahmen: sollte eine Home Office Lösung nicht angeboten werden können, kann eine zeitweiliges entschädigtes Arbeitslosenstatut beantragt werden.

Des Weiteren hat die Föderalregierung kurzerhand beschlossen, dass die Opfer des Hochwassers eine “zeitweilige Arbeitslosigkeit wegen höherer Gewalt” beantragen können. Berechtigt solche Anträge bei ihrem Arbeitgeber zu stellen, sind diejenigen, die durch die Überschwemmungen stark geschädigt wurden. Durch einen solchen Antrag können die Opfer des Hochwassers 70% ihres normalen Einkommens erhalten, wenn es ihnen aufgrund der Überschwemmungen nicht möglich ist, arbeiten zu gehen. Zzgl. zu den o.g. 70% des normalen Einkommens, erhalten die Antragsteller eine Tagespauschale in Höhe von 5,63 €.

 

7. Kostenlose juristische Erstberatung

Die Rechtsanwaltskammer Eupen organisiert in Zusammenarbeit mit dem Justizhaus eine erste kostenlose juristische Beratung.

Diese findet vorläufig telefonisch bis zum 31.07.2021 werktags von 16 bis 18 Uhr und am Samstag von 10 bis 12 Uhr statt.

Die Rechtsanwälte erreichen Sie im Rahmen dieser Sprechstunde unter den Mobilnummern 0492 / 192 171 und 0492 / 192 172.

Am Freitag, den 23. Juli, am Montag, den 26. Juli und am Freitag, den 30. Juli finden persönliche Sprechstunden mit Rechtsanwälten von 14.00 – 16.00 Uhr im Gerichtsgebäude EUPEN, Rathausplatz 4 statt.

 

Natürlich steht der Rechtsanwalt Ihres Vertrauens Ihnen ebenfalls zur Verfügung.

 

Stand: 28. Juli 2021